[Kalkalpen-Startseite] [Vorbemerkungen (bitte zuerst lesen!)] [Stichwortverzeichnis] [Impressum] [Kontakt]
Home VII. Das Haagen-Gebirge An den Grauen Köpfen Passhöhe gegen das Seelein; eine andere Welt
 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)
 I. Aus den Berchtesgadener Alpen
 VII. Das Haagen-Gebirge

Erstes Auffinden und Verlust des Pfades. Ueber dem Bärensunk. Am Ostfusse des Kahlersberges. Der "gedaubte" Pfad

Da plötzlich blieb der Jäger stehen und betrachtete prüfend einen Gegenstand auf dem Boden – ein kleines Steinhäufchen. "Jetzt kenn' ich mich aus", bemerkte er, – "jetzt werden wir bald besseren Weg haben." – Unsere Richtung ging, am Südostfusse des Kahlersberges hinlavirend, fast gerade gegen Nord. Auf einzelnen Köpfen im Hügelgewoge zeigten sich Pyramiden, aus grossen Blöcken zusammengesetzt; sie bezeichnen die Grenzlinie des Blühnbacher und Gollinger Revieres. Auch zu unserer Linken zeigte sich nun, für kurze Strecke, absinkende Thalung; dort geht's zum Bärensunk hinunter, über den Eisenpfad in's Landthal oder am Laubsee [Laubseelein, Labsee] und Hanauer Laabl [Hanauerlaub] vorbei in die Röth.

Unsere gespannteste Aufmerksamkeit war von nun ab auf das Erspähen der Wegmarken, der Dauben, gerichtet; eine Strecke weit gelang und diess auch, einmal sogar gingen wir volle zwölf Schritte weit über ein Wiesplätzchen auf deutlichen Spuren eines Pfades, – sie erschienen uns wie verschwemmte Gegenstände des Festlandes dem Seefahrer auf hohem Meere. Aber noch einmal verloren wir alle und jede Fährte und verwickelten uns in's verzackteste Felsengewirr. Die Scheitel der Rippen, welche wir erstiegen, eröffneten keine besseren Aussichten für die nächste Zukunft. Da nahmen wir die nächste Plattenrunse an, durch hohe Mauern verlief ihre gewundene Gasse nach der Tiefe. "Jetzt ist's gewonnen!" rief der Jäger aus, als wir unten angelangt waren, auf eine grosse Daube zeigend; "diesen Weg habe ich selbst voriges Jahr ausgedaubt, den kann man bei Nacht und Nebel finden." – Und diesmal bewahrheitete sich sein Ausspruch.

Eine ununterbrochene Reihe der naturwüchsigen Wegmarken leitete uns von nun an durch das Hügelland; einzelne Lücken, die uns gelegentliche Zweifel erregten, wurden sorgsam durch Errichtung weiterer Zeichen ausgefüllt; so entstehen die Pfade auf diesen Meeren von Stein. Und fühlbar wurde es nunmehr auch, dass wir dem Ufer des Meeres uns nahten; Krummholz begann die Hügelscheitel zu überdecken, häufiger und breiter wurden die Grasthälchen zwischen ihnen.


Copyright © https://alpinhistorie.bergruf.de/barth/kalkalpen/
Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

Home VII. Das Haagen-Gebirge An den Grauen Köpfen Passhöhe gegen das Seelein; eine andere Welt