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 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)
 I. Aus den Berchtesgadener Alpen
 IV. Der Hochkönig auf dem Ewigen Schnee

Auf der Urschlauer Scharte; misslungener Angriff von der Westseite [1868]

Am schwülen Mittage des 10. August 1868 stand ich auf dem Sattelboden der Vorderen Urschlauer Scharte (6465' 2100 m. Keil) [Niedere Torscharte, 2247 m], nördlich zur Linken die Tiefe des Blühnbachthals, vor mir die 2000 Fuss [600 m] hohen Steilwände des Sailerkopfes (8395' 2727 m. Keil) [Hochseiler, 2793 m], des westlichsten Eckgipfels der Uebergossenen Alp; 6 Stunden Marsches vom Funtensee herüber lagen hinter mir, durch den wüsten Thaleinschnitt, Todtes Weib genannt, am Südfusse des Funtenseetauren [Funtenseetauern] in die öden Thäler der Wildalm, über den Blassen Hund (7438' 2416 m. Keil) quer durch die Ursprungskare des Blühnbachthals, hinauf zum Marterl (6616' 2149 m. Keil) [Marterlkopf, 2444 m] auf schartigem Felsrücken und wieder hinunter in den Bergsattel, welcher den schmalen Zusammenhang zwischen dem Hochplateau des Steinernen Meeres und dem erhabenen, wenn auch minder ausgedehnten Stocke der Uebergossenen Alp vermittelt.*)

*) Näher beschrieben findet sich diese Tour in 1. Bd., 3. H. der Zeitschr. des D.A.-V., S. 355 ff.

Zwei weitere Stunden war ich in den Plattwänden herumgeklettert, die nordwärts zum Schuttkessel des Dennbodens [Tennbodens], einer Abzweigung des Blühnbachthals, niederstürzen, an denen die Sickerwasser des weiten Firnfeldes herabrieseln; den Durchgang wollte ich finden nach der blendenden Schneedecke und das ferne wirkende Kapellchen auf dem Hochkönig gewinnen. Ich hatte wieder einmal vertrauensselig den Worten eines biederen Alpensohnes, seines Zeichens Kühbube am Funtensee, Glauben geschenkt, der da behauptete, den geraden Uebergang vom Steinernen Meere auf den Ewigen Schnee [Übergossene Alm], von welchem die Jäger des Blühnbachthales zu erzählen wissen*), genau zu kennen und schon oft diesen Weg gemacht zu haben. Da war er planlos hineingestiegen in die wirklich schlimmen Felsenabstürze und schliesslich stecken geblieben vor unüberwindlichen Schranken und ich mit ihm. Hätte ich nur erst die Nordseite des Gebirgestockes von günstigem Punkte, etwa von den Teufelshörnern aus, zu sehen bekommen, ich wollte wohl einen besseren Plan entworfen haben; aber unbekannt mit allen lokalen Verhältnissen und bereits in eine Sackgasse des Gewändes verrannt, die wahrscheinlich weit ablag von der richtigen Linie**), blieb auch mir keine weitere Wahl, als umzukehren und von der Urschlauer Scharte [Torscharte] meinen vorzüglichen Führer nicht allein in Ungnaden, sondern auch unter erheblicher Reduction des verheissenen Lohnes zu entlassen. Scheltend trat er den Rückzug an nach seiner Alpe; und in gleichen Aerger wandte ich mich zum Abstiege gegen Süden, wo tief im grünen Thale das Kirchlein von Hinterthal [Hintertal] am Urschlauerbach [Urslauache] winkte.

*) Ich zweifelte lange daran, ob hier nicht etwas Latein obwalte, habe mich jedoch im Jahre 1873 positiv des Gegentheiles überzeugt. Der Blühnbacher Jäger, welcher auf das Haagengebirge [Hagengebirge] mich begleitete, bestätigte mir nicht allein diese Möglichkeit, sondern wies mir auch am Ewigen Schneegebirge, das jenseits des Blühnbachthals unmittelbar uns gegenüber stand, genau die Stelle, welche den Durchgang erlaube (vgl. das im 7. Cap. hierüber Bemerkte); ihre genaue Betrachtung mit dem Fernglase liess steigbaren Fels dort auch sehr wohl erkennen. – Es wurde, soviel mir bekannt, dieser Uebergang in neuerer Zeit auch touristisch ausgeführt.

**) Es war, wie im Jahre 1873 vom Haagengebirge aus sah, in der That so.


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Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

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