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Ein zweiter zweifelhafter Punkt liegt in der Stellung des Grossen Karwendelspitzes zur bayerisch-tirolischen Landesgrenze. Fast alle Karten verzeichnen an der Stelle, an welcher die von Norden nach Süden ziehende Grenze in scharfem Winkel plötzlich westwärts abbiegt, den Karwendelspitz; fast alle aber auch, und die bayerische Generalstabskarte ebenfalls, lassen diese Grenze über die Wechselschneid hinauf demjenigen Punkte des Hauptgrates zulaufen, an welchen die Wechselschneid zunächst sich anschliesst.
An Ort und Stelle ist diess aber nicht der Karwendel-, sondern der durch seine breit-viereckige Gestalt auch weit draussen im flachen Lande noch auffallende Vogelkarspitz, und es ist daher nicht ungewöhnlich, eben jenen als den Karwendelspitz bezeichnen zu hören. Betrachtet man sich jedoch das grosse kartographische Werk der Grenzbeschreibung zwischen Bayern und Tirol, so wird der Irrthum alsbald klar: man hat es hier wieder mit einem Falle unnatürlicher Grenzziehung zu thun, wahrscheinlich einer althergebrachten Ueberlieferung, welche eben solch' einzelne Gipfel als Hauptgrenzpunkte festhielt, zu Liebe, wie solche ja auch häufig anderwärts, im Algäu z.B. am Hochvogel und am Hohen Ifen sich vorfindet.
Die Grenzlinie, welche aus der Schlucht des Fermersbaches herauf östlich zum Rappenkopfe der Wechselschneid emporsteigt und hierauf diesen letztgenannten Bergrücken verfolgt, springt, dem Hauptkamme bereits ganz nahe gekommen, vom Steinkarspitze ostwärts ab, stürzt in einen Trümmerkessel hinunter und klettert jenseits an den Nordwänden des Karwendelspitzes hinan nach dessen Gipfel. Von dort ab verfolgt sie den Hauptgrat der Karwendelkette bis zum Brunnsteinkopfe bei Scharnitz.