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 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)
 IV. Aus dem Quellen-Gebiete der Isar [Karwendel] [geographische Bezeichnungen sind noch nicht überprüft]
 XXI. Verirrt im Vomperloch

Der Pfad des Vomper Lochs

Eine Stunde hatte ich der Erholung gewidmet, um 1 Uhr nach Mittag brach ich wieder auf, den zweiten Theil meiner Aufgabe in Angriff zu nehmen. Die Thalsohle, welche, wie eben bemerkt, nach kurzem Verlaufe zur Klamm sich einschnürt, musste verlassen werden; an welcher der beiden Thalseiten der Pfad hinlaufe, diese principielle Frage musste zu allererst ihre Lösung finden und konnte sie nicht wohl anders finden, als durch das Experiment; Kunde besass ich über diesen Punkt keine. Am südlichen Gehänge glaubte ich an breiter Geröllschütte unter den den Wänden des Speckkar-Gebirges die Spuren eines Querpfades zu entdecken. Ich stieg im Gerölle aufwärts bis zu jener Linie und begann sie zu verfolgen. Im Krummholze verlor sie sich alsbald; nach viertelstündigem Umherklettern zwischen den mächtigen, am abschüssigen Boden hinziehenden und mit loser Moosdecke überspannten Legföhrenstämmen fand ich mich zur Umkehr veranlasst.

Wieder an's linke Ufer übergehend versuchte ich auf diesem mein Glück. Steilwandstufen, bis nahe zur Thalsohle herabreichend, verhinderten hier ein allzu rasches und geradliniges Aufsteigen; ich musste nothgedrungen eine schräge Linie längs ihres Fusses hin verfolgen und bemerkte auch hier bald Spuren, die ungefähr das Aussehen eines Pfades hatten; noch deutlicher erschienen dieselben auf einem etwas höher gelegenen, begrünten Schrofenscheitel und in geringer Entfernung von mir gewahrte ich nun eine niedrige, aus dürren Zweigen und Baumstämmen zusammengeflochtene Hecke. Bereits erfreut über diess erste Wahrzeichen menschlicher Thätigkeit in der Gebirgswüste fand ich meine Befriedigung noch erhöht durch Entdeckung einer breiten, 4- bis 5-sprossigen Leiter, welche das Uebersteigen dieser Hecke erleichterte, und jenseits traf ich auf ein ganz hübsches, quer durch den Wald verlaufendes Steiglein, – kein Zweifel mehr, dass ich den verrufenen Thalweg des Vomperlochs somit schönstens ausgefunden hatte. Verrufen – ohne Grund! wie so Manches, so Vieles, was mir als gefahrvolles Wagestück war dargestellt, von mir mit Bangen unternommen worden um gleich im ersten Anlauf fast spielend zu gelingen! – Da komme ich nun an beliebiger Stelle, auf pfadloser Bahn, wie hereingeschneit, in's Vomperloch, suche, wie jeder vernünftiger Mensch es thun müsste, beide Thalseiten nach dem Pfade ab, und nach einem halben Stündchen steht er mir zu Diensten und ich habe weiter nichts zu thun, als gemächlich nach Schwaz hinauszuschlendern. . . . . . . . . Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.


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Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

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