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 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)
 III. Aus dem Nord-Innthaler Gebirge [Karwendel/Mieminger Gebirge] [geograph. Bezeichnungen noch nicht überprüft]
 XVII. Die Obere Platte im Mieminger Gebirge

Hirtenhütte im "Alpel"

Derselbe leitete mich nunmehr völlig gegen Westen; die weisenreiche Thalung nach dem Niedermunde-Sattel blieb hinter mir zurück und verschwand allmählig, von vortretenden Bergkörpern verdeckt. Ein bewaldeter Rücken, an den Fuss der Hochwand anschliessend, schien westwärts das Thal zu sperren und musste umgangen werden. Ueber die schönsten, von krystallklaren Quellen durchrieselten Weidematten führte mein Pfad, leicht ansteigend, über der Ausbuchtung der Strassberger Klamm dahin. Nach Kurzem stiessen wieder Leute zu mir, die in gleicher Richtung meines Weges gingen; ihr Ziel war der Ort Wildermiemingen, dem sie über den Ostabfall des Judenköpfel-Kammes hin zuwanderten. Von der Hochwand wussten sie mir ebenfalls nicht viel zu erzählen; Einer nur meinte, gehört zu haben, dass es ein gar böses Gehen sei. Dagegen erhielt ich nun eine andere Nachricht, die mich nicht wenig überraschte: dass im Innersten des hinteren Thales "Im Alpel", dessen hügeliger, buschiger Grund, in öde Schuttkare sich verlierend, oben im Nordwesten sich aufzuschliessen begann, ein wohlgebautes Haus sich befinde; ein reicher Bauer von Wildermiemingen, der allerlei seltsame Einfälle habe, sei auf den Gedanken gekommen, sich in dieser Bergeinöde einen Lustsitz zu errichten, beziehen denselben auch zuweilen, habe einmal ein grosses Festschiessen daselbst gegeben mit reichlicher Bewirthung seiner Gäste. Für gewöhnlich allerdings sei das Haus fest verschlossen, indess meinten sie, es werde sich wohl irgendein Mittel finden lassen, hineinzukommen. Das Requiriren eines Nachtquartiers war mir nichts Neues mehr, und zufrieden mit der gemachten Entdeckung schritt ich weiter.

Bald lag das ganze, nun ziemlich rasch steigende Thal dem Blicke offen. Die Hochwand stand wieder frei über den weiten Geröllkesseln, ihr niedriger Südost-Ausläufer war an meine rechte Seite getreten. Im Westen entstiegen den Schuttfeldern die rissigen Wände der Oberen Platte, und die schroffen Mauern der Judenköpfeln, eine tiefe Scharte zwischen sich lassend. Ich überschritt das Trümmerbett eines tief eingewühlten Baches, stieg am steinigen Grashange des jenseitigen Bergrückens schräg hinan, und befand mich bald an der Hirtenhütte, einem ärmlichen, kleinen Holzgebäude. Der Hüter, eben noch beschäftigt, sein Jungvieh mit Salz zu "letzen", machte durch laute Rufe sich bemerkbar. Ich antwortete, und nach wenigen Minuten trafen wir zusammen. Meine Nachfrage wegen Unterkunft ergab kein sehr erfreuliches Resultat; in der Hütte war ein solches nicht zu haben, der Hirt selbst geht des Abends hinab in die Mähder oder auch wohl in's Dorf Wildermiemingen. Und was das Haus betrifft, so erklärte der Hirte es für eine Unmöglichkeit, hineinzugelangen; es sei zu fest verschlossen, er selbst habe es schon mehrmals versucht, aber es ginge nicht. Ich dachte doch erst mir die Sache anzusehen, und der Hirt war auch gerne erbötig, mich zu begleiten.


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Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

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