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Home XXVII. Der Ofelespitz im Berglenthal Ersteigung der Wettersteinwand Abstieg in's Plattach und Angriff des Berglenspitzes [Öfelekopfes]
 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)
 V. Aus dem Wetterstein-Gebirge [geographische Bezeichnungen sind noch nicht überprüft]
 XXVII. Der Ofelespitz im Berglenthal

Ihre Aussicht

Um 7 Uhr 5 Min. hatte mein Anstieg aus dem Berglen-Plattach begonnen, um 9 Uhr 40 Min. war ich auf dem Gipfel. Die Ersteigung von Unter-Leutasch aus hatte sonach mehr als 6 Stunden gewährt. Ein nicht unbeträchtlicher Theil dieser Zeit entfällt auf die mehrfachen Irrgänge, auch war mein Schritt, in der letzten Stunde namentlich, nicht eben ein rascher mehr zu nennen. 5 Stunden werden unter normalen Umständen zur Ersteigung ausreichend genügen. Die Witterung war nicht ganz so günstig, als der kalte, klare Morgen sie versprochen hatte. Bedeutende Nebelmassen flogen zwischen den Bergen umher, und nur stückweise erhaschte ich die Detail des Aussichtsbildes.

Da war es vor Allem der zu meinen Füssen gelegene Norden, die breite Vorlage des Wetterstein-Gebirges, welche meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Aus dem Fels-Massive der Wettersteinwand treten kurze Verzweigungen, Zirmes- [Zirbelkopf] und Kämikopf plateauartig heraus, um nordwärts steil auf's tiefere Waldgehänge niederzustürzen. Ihre Scheitel, die kurzen Sättel, welche sie mit dem Fusse des Hauptkammes verbinden, tragen engbegrenzte Weideflecke, auch einzelne Alphütten sind auf ihnen sichtbar. Der dritte, westlichste dieser kurzen, nördlichen Ausläufer ist jener, welcher den Thalkessel der Wetterstein-Alpe gegen Osten begrenzt, und welchem westlich wieder in völlig gleichartiger Struktur, der Schachenkopf sich gegenüber stellt. Tiefe Thäler schneiden zwischen diesen Köpfen hinunter und münden theils in den vom Ferchensee, der Wasserscheide gegen die Isar, herabkommenden Ferchenbach, theils in das Ellmauer Thal, welches ostwärts gewendet, den Blick zur sonnigen Thalebene der Ellmau hinausleitet. Weiter links liegt die düstere Hochfläche des Wetterstein-Waldes, und darüber weg trifft das Auge gerade in die schwarze Enge der Grasecker Klamm hinein. Weiter hinaus schweift es über die Thalbucht von Partenkirchen-Garmisch, über das bayerische Vorgebirge hinaus in's Flachland, welchem jene breitschulterige östliche Endkuppe des Wetterstein-Gebirges eine der bekanntesten Berggestalten ist. Im Nordwesten erblickt man in naher Tiefe vor sich die zertheilten Kare ober der Wetterstein-Alpe, in welche der Frauenalpelkopf und seine Nebenzacken ihre Steilabstürze massig hineinspreizen; hart an ihre Wände gereiht erscheint etwas ferner das wald- und wiesenreiche Schachen-Plateau mit dem Königshause auf seinem unvergleichlichen Aussichtspunkte.

Im Westen ein prächtiges Paar weitgespannter, von den hervorragendsten Häuptern des Wetterstein-Gebirges ummauerter Hochkessel: in naher Nachbarschaft das Platt, die Schneefelder am Fusse der Dreithorspitz-Gruppe, rechts davon das vier- bis fünfmal weiter entfernte Platt des Plattacher Ferners, mit dem Gatterlspitz, dem Schneefernerkopf und der riesig erhobenen Zugspitze, an deren breiter Hintergrundsmasse die Häupter des Rainthales Kammes fast ungesehen sich verlieren. – Im Osten die Arnspitzen und über diese hinweg das endlose Zackenmeer der Karwendel-Gruppe; im Süden Ausblick auf die Gebirge jenseits des Inns, auf die Gletscher-Gruppen von Hinter-Dux [Hintertux] und Stubay [Stubai], die Oetzthaler Ferner, – im Südwesten der Hohe Munde und seine Nachfolger in der Mieminger Kette; unterbrochen wird diess Aussichtsbild durch den nahestehenden, wiewohl merkbar niedrigeren Ofelespitz.


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Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

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