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 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)
 II. Aus den Algäuer Alpen [geographische Bezeichnungen sind noch nicht überprüft]
 XII. Die Krotenköpfe

Die Krotenspitze; das Trauchbachthal

Die Schrofenschneide hinunter hielt ich mich anfänglich auf der Linie meines Anstieges, liess aber die Kluft nunmehr zur Linken und steuerte geradenwegs auf die Gratkante weiter, dem Sattel zu. Eine tiefe Durschartung, charakteristisch in der Zeichnung des Spitzenpaares, wie es, von West oder Ost gesehen, sich darstellt, war auf den Schuttbändern der Westseite leicht umgangen, wenige Minuten später stand ich im Sattel. Er bildet einen mit feinem Kiese, stellenweise sogar mit Sand bedeckten, mit schwachem Graswuchse bekleideten, flachgewölbten Raum von etwa 50 Schritten Länge und 12-15 Schritten Breite. Beiderseits, zum Kessel von Obermädele im Westen, wie auf die March im Osten, stürzen Steilwände zu bedeutender Tiefe ab. Es ähnelt dieser Sattel und das Spitzenpaar, das er verbindet, überhaupt in vielen Charakterzügen merkwürdig der Gruppe der Teufelshörner im Berchtesgadener Lande; nur fehlt der scharfe Abbruch des einen Gipfels auf den Verbindungssattel, wie das Kleine Teufelshorn ihn bietet.

Der Grat der Krotenspitze hebt sich vom Boden des Sattels in mässiger Steigung empor, einen ziemlich breiten, mit feinem Geröll und sogar noch etwas Graswuchs bedeckten Rücken bildend; weiter aufwärts geht derselbe in gut gangbare Felsstufen über, die erst in der Nähe des Gipfels etwas steiler sich auf einander thürmen. In seinen obersten Partieen wendet sich der Kamm von der nördlichen plötzlich in eine westliche Streichrichtung, und zieht als scharfe Schneide, aus wild zerklüfteten, oft mitten durchspaltenen Felsblöcken zusammengesetzt, seinem westlichen Culminationspunkte zu. Eigentlich bedeutende Schwierigkeiten traf ich jedoch auch hier nicht an, und nach Durchsteigung einer ziemlich tiefen Einschartung betrat ich den schmalen Scheitel der Krotenspitze. Steilwände fallen nach beiden Seiten, links in den Kessel von Ober-Mädele, rechts gegen das Trauchbachthal; vorwärts, dem Sperrbache zu, setzt der Grat noch eine Strecke weit in mässiger Senkung sich fort, um alsdann ebenfalls mit senkrechten Mauern in den Abschluss des Sperrbachthales niederzustürzen. Der Uebergang von der Oefnerspitze hatte nur 3/4 St. in Anspruch genommen; ich befand mich nun auf dem niedrigsten der drei Krotenköpfe, immerhin noch in einer Höhe von 7832' 2544 m. (Gr.-K.), während Sendtner eine "Krotenspitze" mit 7620' angibt; der blosse Vergleich meiner Gipfelhöhe dem Augenmasse nach mit den benachbarten, ihrer Höhe nach mir bekannten Bergspitzen, dem Hochvogel, den Hornbachern, der Mädelegabel u.s.w. erwies mir die Unrichtigkeit dieser letzteren Angabe, welche man übrigens der Collectivbezeichnung "Krotenköpfe" in der Regel beigesetzt findet. Auf welche andere Spitze in dieser Gegend sich die bezeichnete Messung allenfalls beziehen könnte, wüsste ich nicht zu deuten.

Von besonderem Interesse auf dem neugewonnenen Gipfel war mir der Anblick des Trauchbachthales, das auf allen meinen bisherigen Bergwanderungen mir verschlossen geblieben war; ein freundliches, grünes Thälchen, besäet mit Alpenhütten in seinem Grunde und an den reich begrasten Flanken des Bergrückens der Kegelköpfe (6105' 1984 m. Sendtner) hinan, welcher nördlich seinen Lauf begleitet; steil, aber durchweg mit Vegetation bekleidet, hebt sich sein Abschluss zum Sattel des Märzle, welcher auf's Hochplateau der March und in's Hornbach-Gebiet hinüber leitet; nur in seinem südöstlichen Winkel stellt der mächtige Bau der Krotenköpfe seine furchtbar schroffen Wände. Gegen Westen lag tief unter mir das Gewirre von Zacken und Thürmchen, welche den Gebirgsgrat nach dem Fürschiesser hin fortsetzen.


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Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

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