[Kalkalpen-Startseite] [Vorbemerkungen (bitte zuerst lesen!)] [Stichwortverzeichnis] [Impressum] [Kontakt]
Home IV. Der Hochkönig auf dem Ewigen Schnee Vom Fels auf Firn Die Kapelle auf dem Hochkönig
 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)
 I. Aus den Berchtesgadener Alpen
 IV. Der Hochkönig auf dem Ewigen Schnee

Gletschersee

Und wo steht nunmehr der Hochkönig? Gleichviel, wo immer, jetzt ist er in meiner Gewalt! – Doch siehe, da zeigt er sich ja ganz nahe zur Rechten! ich hatte ganz richtig ihn in der breiten Felsenkuppe vermuthet, die so massig aus dem Scheitel der Wände sich heraushob, ihre Doppelgestalt aber hatte das Häuschen auf dem Gipfel hinter einem etwas niedrigeren Vorbau desselben verdeckt gehalten. Jetzt stand es gross genug vor mir, und der Hochkönig selbst als kaum noch 150' [ca. 50 m] hoher, flachgewölbter Tafelrücken im Schneefelde. Gemächlich schlenderte ich die ebene Bahn entlang, seinem Fusse zu. Ich traf wenig blankes Eis, auch auch diese wenigen Stellen zeigten sich rauh und rissig, ein Gegenstand der Verwunderung für mich, der ich noch niemals einen Gletscher gesehen und vermeint hatte, man müsse auf seinem Eise Schlittschuhe laufen können und bei 5° Neigungswinkel bereits der Steigeisen bedürfen.

Der Gletscher legt sich auf seinem Südrande sehr flach auf, an den Sätteln und Scharten der Randkante läuft seine Firndecke unmittelbar auf dem Schutte aus; von der tiefen Bergkluft, welche den Ersteigern des Hochkönigs auf dem gewöhnlichen Wege, von Osten her, zuweilen hinderlich sein soll, war hier nichts zu erblicken. Eine grosse Ausbuchtung der Randkante, wird von einem ziemlich tiefen Firnbecken ausgefüllt, dessen enge Mündung einen der Schneelappen in die Südwände hinunter hängen lässt, welche im Thale der Dientener Alpen sichtbar werden. Jenseits dieses Kessels schliesst die Firndecke sehr bald an den Felskörper des Hochkönigs sich an. Die gerundeten Schrofenstufen hinan gewann ich nach wenigen Minuten den Scheitel seines breiten Rückens und mit ihm den vollen Ueberblick der östlichen Hälfte des Gletschers; ein neuer Gegenstand der Bewunderung, tiefgrün im blendenden Schneefelde ein kleiner See, hielt noch einen Augenblick mich fest.

Dann ging's raschen Schrittes hinan zum Gipfel; eine starke Viertelstunde, nachdem ich den Gletscher betreten, war ich am letzten Ziele. Ueber 5 Stunden hatte der Aufstieg von den Mühlbachalpen gewährt; doch kommt ein guter Theil dieser Zeit auf Rechnung meines ziemlich matten Ganges und einiger unproduktiver Recognoscirungsabstecher. Ich denke, dass bei frischen Kräften ein geübter Alpenwanderer in 4-4 1/2 Stunden durch das Birgkar herauf den Hochkönig wird erreichen können (Hochkönig 9048' 2939 m. Keil) [2941 m].


Copyright © https://alpinhistorie.bergruf.de/barth/kalkalpen/
Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

Home IV. Der Hochkönig auf dem Ewigen Schnee Vom Fels auf Firn Die Kapelle auf dem Hochkönig