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Bei Sturm und Regen betrat ich das Plumser Joch [Plumsjoch], und ein neues Gebirge erhob seine Häupter vor mir im Westen; und der erste Felsenstock, der seinen Zinnen aus den zerfetzten Wolkenstrichen mir entgegenreckte, war wieder der Falk. Diesmal bekam ich den östlichsten Gipfel zu sehen, ein breitbasirtes Wandmassiv mit feinzerscharteter Scheitelkuppe; an seinen nördlichen Eckpunkt lehnt sich eine schmal dreiecksförmige Verflachung des absinkenden Bergrückens, allseits von mauersteilem Fundamente eingebaut. Ob dies der Weg zum Gipfel – ob von jenem ersten Höhenpunkte die Ueberschreitung der nadelstarrenden Scharte möglich?
Weiter zog ich meines Weges dem neuen Standquartiere zu. Der Blaubach, der Laliderer Bach rauschten mir entgegen. Das Falkengebirge hatte seine Gipfel hinter den Massen seines Fundamente verborgen; eine weite Thalung gähnte aus seinem Inneren mir entgegen, breite Wald- und Buschgehänge, in einen welligen Karboden verlaufend. Das Johannesthal öffnet sich zu meiner Linken und durch seine Lichtung ziehen Kaltwasserspitze – Moserkarspitz – Sonnenspitz vorbei, kühne, wechselvolle Berggestalten. Die Falken stehen mir jetzt im Rücken und in dem Masse, als ich mich von ihrem Fusse entferne, erheben sich auch wieder freier ihre Häupfter.
Auf der Thalebene des Neuner-Wirthshauses, an der Wendung des Rissbaches gegen Norden angelangt, sah ich den westlichen der Falken, das massive krumme Horn mit gezackter Nord-Gratverlängerung in der gleichen Gestalt wieder emporstreben, wie es in's Land hinausschaut, und wie es dem Einwanderer durch's Isarthal nach jener abgeschiedenen Gebirgswelt als erstes Wahrzeichen von Hinterriss entgegentritt.