[Kalkalpen-Startseite] [Vorbemerkungen (bitte zuerst lesen!)] [Stichwortverzeichnis] [Impressum] [Kontakt]
Home XVII. Die Obere Platte im Mieminger Gebirge Am Kalkgebirgsstock. Die Schafweideplätze auf der Oberen Platte Runse in den Plattwänden
 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)
 III. Aus dem Nord-Innthaler Gebirge [Karwendel/Mieminger Gebirge] [geograph. Bezeichnungen noch nicht überprüft]
 XVII. Die Obere Platte im Mieminger Gebirge

Ein Signal auf einem Pseudo-Gipfel

Das zerspaltene Plattengewände des Gipfel-Grates stand mir nun nahe genug vor Augen, um die ihren allgemeinen Zügen nach bereits festgestellte Angriffslinie in den letzten Details zu projectiren. Je weiter westlich, um so steiler, unangreifbarer zeigten sich die Felsmauern; je weiter östlich, um so mehr verflachte sich die kahle Scheitelzone und verschmolz mit den grünen Plätzen tieferer Regionen in ein Gehänge von gangbarer Neigung, abgegrenzt durch die Kante, über welche hinaus ich die Wände des Kars "Im Alpel" und der Alpl-Scharte wusste. Eine breite Lage aufgewitterten Geschröfs und Schuttes streicht schräg von links gegen rechts durch die Gipfelflanke und berührt den Grat in seiner östlichen Hälfte; dort erkannte nun das freie Auge den Signalpfahl – aber dort war nicht mein Gipfel! Freilich, wer planlos hineinsteigt in diess Gebirge, wird vermuthlich auf diesen Abweg gerathen.

Das Plattwand-Massiv unterhalb des Culminationspunktes, wie ich es vom Thale aus beobachtet, hatte ich auch hier sofort wieder erkannt. Der provisorisch entworfene Plan, in einem weiten, östlich gekrümmten Bogen unter die Gratzacken hineinzusteigen und längs des Fusses ihrer schroff vortretenden Körper wieder eine quere West-Richtung anzunehmen, wurde aufgegeben und als kürzerer Weg die schräg längs der Ostseite des Plattwand-Massivs hinanziehende Kluft bestimmt, in welcher erst in hoher Zone ein wirkliches Hinderniss, in Gestalt einer starken Steilstufe, zu erspähen, die Möglichkeit, dasselbe zu umgehen, aber fast mit Gewissheit vorherzusagen war. Im Allgemeinen auch überzeugte ich mich, je näher ich dem Felsen zu Leibe rückte, dass ich es mit einem äusserst gutmüthig beschaffenen Geschröfe zu thun hatte und meine ängstliche Vorsorge im Entwerfen des Planes, die mich gestern ein Dutzendmal auf der Strasse von Telfs nach Wildermiemingen hatte anhalten und das Fernrohr hervorholen lassen, im Grund höchst überflüssig gewesen war.


Copyright © https://alpinhistorie.bergruf.de/barth/kalkalpen/
Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

Home XVII. Die Obere Platte im Mieminger Gebirge Am Kalkgebirgsstock. Die Schafweideplätze auf der Oberen Platte Runse in den Plattwänden