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 H. v. Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen (1874)

Vorwort

Es war im Februar 1873, als die Verlagshandlung Eduard Amthor in Gera, welcher die alpine Literatur schon mannigfache Bereicherung auf ihren verschiedensten Gebieten verdankt, an mich die Aufforderung richtete, die Resultate meiner seit mehreren Jahren systematisch betriebenen Bergwanderungen der Oeffentlichkeit zu übergeben. Zur Kenntnis unserer Alpen beizutragen, war seit jeher ein Lieblingsgedanke von mir gewesen, die früheren Versuche jedoch, ihn zu verwirklichen, hatten nur Misserfolge gegeben, und ich hatte mich zu jener Zeit bereits völlig von aller alpinen Thaetigkeit zurückgezogen. Die Anregung, welche von Seiten der genannten Verlagshandlung mir wurde, bewog mich nun, neuerdings zum Bergstocke zu greifen, und nachdem die Lücken ausgefüllt waren, welche in meiner Kenntniss des Alpengebietes, das ich mir erwählt hatte, sich noch fühlbar machten, auf neuer Grundlage einen letzten Versuch zu wagen, wenigsten Einiges aus diesen Gebirgen der Kenntniss der Alpenfreunde zu übermitteln.

Den früher gehegten Gedanken, das abstrakte Resultat meiner Wanderungen und Forschungen in rein orographischer und touristischer Form, d.i. in Form eines genauen und vollständigen Wegweisers der alpinen Welt zu bieten und von ihr angenommen zu sehen, nothgedrungen als eine Chimäre fallen lassend, glaubte ich der Richtschnur der in reicher Fülle bereits vorhandenen Alpen-Reiseliteratur mich anpassen und die Schilderung der Ersteigung eines Gipfels jeweils in die Schilderung meiner Ersteigung dieses Gipfels und der dieselbe begleitenden, nothwendigen oder zufälligen Erlebnisse, kleiden zu sollen. Wenn auf diesem Wege eine Vollständigkeit, eine Erschöpfung des Themas, wie eine Orographie oder ein Wegweiser sie gestattet hätte, auch keineswegs zu erreichen war, so war ich doch wenigestens darauf bedacht, sowohl in Auswahl der zur Beschreibung kommenden Touren, als auch in Einflechtung gelegentlicher Nebenbemerkungen und orographischer Abschweifungen ein thunlichst übersichtliches Bild der ganzen Gebirgs-Gruppe zu entwerfen.

Eine besondere Nachsicht von Seiten meiner verehrten Leser muss ich für die Gebirgs-Ansichten, welche dieses Buch begleiten, in Anspruch nehmen. Dieselben, ohne jede Prätension zeichnerischer Vollendung zum Zwecke der möglichst getreuen Wiedergabe der Gipfelformen und der genauen Darlegung der Wege als Behelf der Beschreibungen entworfen, waren ursprünglich zur Ausführung in der Grösse bestimmt, wie meine gleichartige, im Alpenfreund, Bd. VII, H. 1, enthaltene Skizze: "Kamm zwischen dem oberen Walser- und Rappenalpenthale". Es erwies sich jedoch in der Folge, dass deren Herstellung in diesem Formate so bedeutende Kosten verursachen würde, dass die dankbar anzuerkennende Opferwilligkeit der Verlagshandlung dadurch über Gebühr müsste in Anspruch genommen werden. Es daher zu einer sehr bedeutenden Verkleinerung (über 3fach in linearer Ausdehnung) der Originalskizzen geschritten, so dass dieselben in ihrer gegenwärtigen Gestalt vielleicht nur den einen Zweck noch erfüllen können, in unmittelbarer Vergleichung mit der Natur einen Hinweis auf die seinerzeit von mir verfolgten Pfade zu gewähren. —

Was die Horizontalprofile anbelangt, so machen dieselben keinerlei Anspruch auf kartographische Genauigkeit, sondern sind lediglich bestimmt, der allgemeinen orographischen Orientirung zu dienen. Es sind flüchtige à-la-vue-Aufnahmen, wie der Alpenwanderer auf der erstiegenen Spitze sie entwirft, die Gliederung der einzelnen Gebirgs-Abschnittes seinem Gedächtnis einzuprägen. Und dem gleichen Zwecke sollen sie, wie ich hoffe, auch bei der Beschreibung dieser Ersteigungen genügen.

Aus diesen Gesichtspunkten bitte ich, das Werk zu betrachten, welches ich allen Freunden der Berge zur gütigen Beurtheilung und soferne mir diess gelungen sein sollte, zu einer kleinen Bereicherung der Kenntniss unserer schönen Nördlichen Kalkalpen hiermit übergebe.


München, August 1874

Der Verfasser.

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Letzte Aktualisierung am 25. April 2021

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