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Am Überschalljoch5) grenzt an die Lafatscher Almweiden das Gebiet von Vomp an, das sich im übrigen in mächtiger Ausdehnung als breiter Streifen quer über sämtliche Karwendelketten bis zur bayerischen Grenze und zum Rißbach dehnt. Mit dem zu Stams gehörigen Stallental (nach den dortigen Almställen, "Stallen" genannt) bildet es den Anteil des ehemaligen Gerichts Freudenberg (bei Schwaz) am Karwendel. Seine Erstreckung läßt klar erkennen, daß man vor alters im unbewohnten Gebirg solche Räume nicht etwa den (bewaldeten, schwer begehbaren) Talgründen entlang abgesteckt hat, sondern oft quer über diese hinweg, waldfreien Übergängen folgend. Die drei Jöcher Lamsenjoch, Hohljoch und Spieließjoch, die ins Herz des Gebirges zu den frühgenannten Almen Laliders und Ladiz führen, bilden denn auch das Rückgrat dieses Vomper Gebietes. Vomp selbst (930 Fonapa) wird jener alten Namenschicht der apa-Namen zugerechnet, die man mit einer sehr frühen vorgeschichtlichen Stufe zusammenbringen will (mit den Glockenbecherleuten, Jungsteinzeit; – apa bedeutet einen Wasserlauf – Vomper Bach; ähnlich Aschaff urk. Ascapha, Erlaf, N.-Österreich, Arelape). Ein ähnliches Rätsel ist der Wortklang Laliders – dem philologisch unbeschwerten Bergsteiger zaubert er übermächtig schattige Wandfluchten vors Auge – der Namenforscher sucht dem uralten Wort6), das sicher Hirten lange vor der Römerzeit ins tiefste Gebirgsinnere verpflanzten, durch Vergleiche mit anderen indogermanischen Namenswurzeln beizukommen – dem italischen, vielleicht etruskischen Ortsnamen Aletrium.
Am Weg zum Hohljoch, das übrigens erst die deutschen "Alwinger" – so hört man die Almleute auch nennen – nach der tiefausgehöhlten U-Form des Paßeinschnittes so genannt haben, kommt man an einem unscheinbaren, aber sicheren Zeugen aus altromanischer Zeit vorbei, der Flur "in der latéi, lutéi", d.i. "kotiger Boden" zu rom. lutu "Kot", auch im Namen Gumpen (für den Hochkessel über Laliders) steckt wahrscheinlich vordeutsches Worterbe, das keltische comba "Kessel", das in der Form combeta den vielen Allgäuer "Grund", urk. Gumbet zu Grunde liegt7). Eindeutig liegt in Ladiz-Alm, noch 1468 Ludritsch, 1612 Laritsch geschrieben, das rätoromanische ladritsch, latericiu "Heuspeicher, Schupfe" vor, dagegen ist "Lamsen" sicher ein deutsches Wort, freilich von sehr alter Herkunft (1450 "ab der Lans"). Die vielen Lamsen ma. lompse(n) z.B. Zillertal, Sellrain in Ridnaun – auch im Vomper Loch findet sich ein "lampsl" – bezeichnen alle verhältnismäßig ungangbare Wegstellen, natürliche Hindernisse und passen so vorzüglich zu altdeutsch lamssian "sperren", das uns überliefert ist, man kann sie also mit "Riegel, Sperre" übersetzen.
In seltsamem Gegensatz stehen zu den steilen, felsdurchsetzten waldigen Talflanken im Vomperloch die zwei kleinen, grünen Almoasen der Melans-Alm und der Gann-Alm. So unwahrscheinlich es berührt – auch hierher muß schon vordeutsche und vorrömische Almsiedlung vorgedrungen sein. Denn Melans ist ein verbreiteter vorrömischer Name in Tirol (M. auch bei Hall) – und stellt sich zu einer der wenigen illyrischen Wortwurzeln, die wir sicher kennen, mal- = "Berg", daraus mal-anea oder mal-antia, in Gann scheint das verbreitete vorrömische ganda "Steinhalde" zu stecken. Das Hochtal unter dem Lamsenjoch heißt "in der Marzan", so vielleicht nach den Schuttströmen genannt, die dort von den Abbrüchen des Hochnissls niederfließen (marra Muhre), mar-ici-ánea (vallis) "Tal mit den Muhrgängen".
5) Der Namen stammt von dem schönen Echo, das hier die Nordwände des Bettelwurfes zurückwerfen. Der Name des Bettelwurfes wird hier als unsicher übergangen. Überschall = "Gegenüber-Schall".
6) 1307 und später Alyders, Aliders genannt.
7) Zu Gumpen ist auch die deutsche Ableitung vom mundartlichen Wort "die Gumpen" (Tümpel) denkbar.